Toleranz bis zur Selbstaufgabe?

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Was ist aus christlicher Sicht zur Frage der Toleranz zu sagen?

 

Da wird mancher kritisch sagen, zu diesem Thema sollte die Kirche lieber schweigen angesichts der Geschichte der Kreuzzüge, der Religionskriege, der Hexenprozesse und der Inquisition. Das alles ist nicht zu bestreiten, doch darf man diese furchtbaren Ereignisse der Kirchengeschichte nicht mit der christlichen Botschaft des Neuen Testaments gleichsetzen. Sondern umgekehrt muss man die Kirchengeschichte an den Aussagen des Neuen Testaments, an den Aussagen Jesu und seiner Apostel, messen und beurteilen. Dann wird deutlich, wie häufig leider die Institution Kirche von der Botschaft des ihr anvertrauten Evangeliums abgewichen ist. Genauso wie der einzelne Christ in seinem persönlichen Leben leider immer wieder von den Worten Jesu und seiner Apostel abweicht – Sünde nennt man das.

Es ist ganz eindeutig, nach dem Neuen Testament darf für die Belange des Glaubens und der Kirche, keine Gewalt und kein Zwang angewendet werden, auch nicht mittelbar. Das unterscheidet den christlichen Glauben grundlegend vom Islam.

 

Zunächst sollten wir uns bewusst machen, was Toleranz nach der Wortbedeutung eigentlich meint. Toleranz meint, „etwas ertragen müssen“. Dass man bestimmte Handlungen, Worte, Denk- und Glaubensweisen, die man für falsch und schädlich hält, nicht mit Zwang und Gewalt begegnet, sondern sie erträgt. Aber wie weit geht diese Toleranz, dieses Hinnehmen-müssen? Wenn alles hingenommen wird, dann gibt man sich doch letztlich selbst auf. Also wo sind die Grenzen der Toleranz? Diese Frage stellt sich persönlich jedem einzelnen Christen, diese Frage stellt sich der Institution Kirche und der Institution Staat und der westlichen Gesellschaft. Und da ist festzustellen, dass die Grenzen, was und wie viel hinzunehmen ist, vom einzelnen Christen und der Kirche in anderer Weise zu ziehen sind als vom Staat und der Gesellschaft.

 

 

Was hören wir aus der Bibel über „Toleranz“ gegenüber anderen Menschen?

 

Jesus predigt, dass wir unseren Nächsten lieben sollen, wie uns selbst (Mt. 19, 19), und sogar unsere persönlichen Feinde sollen wir lieben (Mt. 5, 44; unterscheide „echtros“ = persönlicher Feind von „polemios“ = Feind im Krieg). Das ist mehr als Toleranz, mehr als nur ein „Ertragen-müssen“. Besonders, wenn ein Mensch in Not geraten ist, dann haben wir ihm als Christ zu helfen, unabhängig von seiner Nationalität und Religion. Erinnert sei an die Geschichte Jesu vom barmherzigen Samariter (Lk. 10, 25). In dieser Weise haben wir uns persönlich auch gegenüber jedem Flüchtling und Migranten, der uns begegnet, zu verhalten.

 

Aus der Nächstenliebe verbietet sich Zwang, Gewalt und Hass gegenüber Jedermann. Jesus sagt in der Bergpredigt (Mt. 5): Selig sind die Sanftmütigen, die Friedfertigen, die Barmherzigen ... Bei seiner Festnahme spricht Jesus zu Petrus: „Stecke dein Schwert ein.“ Zu Pilatus spricht Jesus (Joh. 19, 36): „Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden darum (mit der Waffe) kämpfen.“ Jesus lässt sich widerstandslos verhaften, zum Tode verurteilen und kreuzigen. In der Verfolgungssituation haben auch die ersten Christen nicht zur Waffe gegriffen, sondern haben gelitten bis in den Märtyrertod. Das ist tatsächlich persönliche äußerliche Selbstaufgabe.

Den Jüngern Jesu ist allein der Glaube und das Wort zum Kampf gegeben, wie der Apostel Paulus schreibt (Eph. 6, 16): „Ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösen, und nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes.“

 

Diese Worte zur grenzenlosen Nächstenliebe und zum bedingungslosen Gewaltverzicht, besonders die Bergpredigt, hat Jesus an uns als Einzelne und an seine Gemeinde gerichtet, aber nicht etwa an den Staat, die Regierung, ihre Beamten und Soldaten. Jesus wollte nicht den Staat auffordern, dass er mit Nachgiebigkeit, Vergebung und Verzicht auf staatliche Gewalt regieren solle. Das hat nicht nur Martin Luther so vertreten, sondern auch die Römisch-katholische Kirche und ist auch heute „die Mehrheitsmeinung in der neueren exegetischen Forschung“ (Prof. Markus Zehnder).

 

Aber in Jesu Gemeinschaft, in seinem Reich, das nicht von dieser Welt ist, das ein unsichtbares Reich des Glaubens ist (Joh. 18, 36), da gelten eben andere Maßstäbe und Mittel als im weltlichen Bereich, nämlich allein das Evangelium des Wortes, des Glaubens und der Liebe. Der einzelne Christ in seinem persönlichen Bereich und die Kirche sieht und begegnet also immer zuerst dem einzelnen Menschen und zeigt gegenüber seiner Person Langmut und Nächstenliebe und weist keinen Hilfsbedürftigen zurück. Paulus schreibt (1. Kor. 13, 4): „Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern...“

 

Der christliche Staatsbürger und Politiker handelt hingegen immer in Verantwortung für das Ganze und muss dabei Gefahren und Schaden von der Allgemeinheit abwehren und den Nutzen aller mehren wollen. Er kann keine Toleranz üben, die Schaden oder Gefahr für die Allgemeinheit oder gar eine partielle staatliche Selbstaufgabe in sich birgt. Dieses unterschiedliche Selbstverständnis und dieser unterschiedliche Auftrag von Kirche und Staat führen zu unterschiedlichen Handlungsweisen und unterschiedlichen Grenzen der Toleranz.

 

 

Auf die naturgemäß unterschiedlichen Mittel und Toleranz-grenzen von Staat und Kirche und dem einzelnen Christen haben Luther mit der Theologie von den Zwei-Reichen / Regimenten Gottes, aber auch die Staats- und Aufklärungs-philosophen John Locke (1632 –1704) und Voltaire (1694 –1778) hingewiesen. Für einen Christen, der zugleich auch Staatsbürger und Politiker ist, kann da nun eine Spannung entstehen zwischen der Nächsten- liebe gegenüber jedem Einzelnen und der Verantwortung für das Ganze. Da gilt es die Balance zu halten und die Spannung auch innerlich emotional zu bewältigen (Hinweis auf die Flüchtlings-politik).

 

 

Toleranz ist nicht gleich Toleranz – die unterschiedlichen Grade der Toleranz

 

Oft wird gesagt, wenn man der Meinung eines anderen widerspreche, dann sei man ein „intoleranter Mensch“. Das mag zutreffen, wenn es in rechthaberischer Art geschieht und sich auf Nebensächlichkeiten oder Geschmacksfragen bezieht, aber eben nicht, wenn es sich um inhaltlich grundlegende Überzeugungen handelt.

 

Maßgeblich sind zu unterscheiden, die „formale äußere Toleranz gegenüber der Person“, also Gewaltverzicht und respektvoller Umgang, von einer viel weitergehenden „inneren inhaltlichen Toleranz“, die eine positive Akzeptanz, Anerkennung und Wertschätzung der anderen Ansicht beinhaltet. Das wäre sozusagen eine zweite Stufe der Toleranz, die vom unmittelbaren Wortsinn des „Ertragen-müssens“ nicht mehr abgedeckt ist, sondern eigentlich ein „Zustimmen“ bedeutet.

 

Der christliche Glaube verlangt von mir aber gerade nicht, dass ich das Handeln, die Worte oder die Glaubens- und Denkweise eines anderen, die meinem Glauben widersprechen, nun für gleichwertig, für gleich gut, für gleich gültig, für gleich wahr halten müsse und sie auch nicht kritisieren dürfe. Damit entfiele ja die Suche und Unterscheidung von „richtig und falsch“, von „nützlich und schädlich“, von „wahr und unwahr“, von „gut und böse“. Solche Haltung, die alles einebnet, ist nicht „tolerant“, sondern „indifferent“ - unentschieden, orientierungslos. Denn damit stellte man seine eigene Überzeugung zur Disposition. Ja, eigentlich hat man dann gar keine eigene Überzeugung mehr, zu mindestens traut man sich nicht mehr, für sie einzutreten. Das wäre geistig-geistliche Selbstaufgabe.

 

Von tolerant-sein im Wortsinne kann man nur sprechen, wenn man einen eigenen Standpunkt hat. Hat man keinen eigenen Standpunkt, dann erduldet man ja keine andere Ansicht, sondern nimmt sie einfach nur wertneutral oder gleichgültig zu Kenntnis. - Toleranz bedingt also einen eigenen Standpunkt!

 

Jesus, die Apostel, die ersten Christen, die Märtyrer, waren gegenüber jeder Person formal-äußerlich grenzenlos tolerant aber eben nicht innerlich-inhaltlich. Sie sagten nicht, es ist ganz egal, was man glaubt, welcher Religion man angehört. Sie ließen weder die Lehre der Pharisäer und Schriftgelehrten gelten, noch die griechischen Götter, noch den Kaiser als Gott. Für das Festhalten am Glauben an Jesus Christus und die Verneinung der konkurrierenden Lehren und Götter nahmen die ersten Christen den Tod in Kauf. Ja, wir sind zum geistig-geistlichen Kampf gegen antichristliche Meinungen, Worte und Taten aufgefordert. Paulus schreibt (Eph. 6, 17): „Kämpft den guten Kampf des Glaubens und nehmt dazu das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes.“

 

Nach der Unterscheidung von formal-äußerer Toleranz und innerlich-inhaltlicher Toleranz handelt auch Gott mit uns. Aus Liebe erträgt Gott den ungehorsamen sündigen Menschen, vernichtet ihn nicht, als Zeichen dafür hat er den Regenbogen gesetzt, aber Gott erträgt und billigt nicht die Sünde, sondern straft sie. Doch hat uns Jesus Christus aus Liebe die Sünde und die dafür verwirkte Strafe abgenommen, getragen und ertragen (Joh. 1, 29): „Siehe das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt.“

 

An falsch verstandener Toleranz kranken vielfach die inter-religiösen Gespräche. Nein, ich halte den Islam nicht für genauso wahr, wie den christlichen Glauben, sondern für geistlich gefährlich und in besonderer Ausprägung auch für äußerlich gefährlich. Aber deshalb muss man trotzdem mit einem Muslim persönlich friedfertig, ja, christlich vorbildlich reden und umgehen, formale äußere Toleranz üben. Damit meine ich nicht die Nachgiebigkeit, ja Anbiederung der Kirchen an den Zeitgeist und an den Islam, wie z.B. kirchliche Grüße zum Ramadan, wie die Mitgliedschaft des EKD-Ratsvorsitzenden Bedford-Strohm im „Münchner Forum für Islam“, das eine große Moschee bauen will; dass Pastoren der hannoverschen Landeskirche Imame zu muslimischen Seelsorgern ausbilden, dass Kirchengemeinden einen Moscheebau unterstützen, dass Muslimen Rede- und Gebetsmöglichkeiten in christlichen Gottesdiensten eingeräumt werden... Gegen entsprechende Gesten seitens des Staates im Sinne der Integration und Gleichbehandlung der Religions-gemeinschaften in unserem säkularen Verfassungsstaat ist dagegen schwerlich etwas einzuwenden.

 

Oft wird als Beispiel für religiöse Toleranz auf Lessings „Nathan der Weise“ mit der Ringparabel hingewiesen. Die wahre Religion erweise sich darin, wie viel Gutes ihre Anhänger ihren Mitmenschen tun. Als nützliche politische „Staatsmoral“ lasse ich das gern gelten. Doch religiöser Glaube besteht nicht zuerst und allein aus Geboten der Nächstenliebe, besteht nicht nur aus Ethik - der horizontalen Ebene von Mensch zu Mensch. Das ist erst der zweite Schritt, den man nicht von dem ersten abschneiden und isolieren kann. Zuerst geht es darum, was Gottes Wahrheit für uns ist, auf welchem Wege Gott uns anspricht und welchen Weg uns Gott ins ewige Leben weist – die vertikale Ebene von Gott zum Menschen. Dazu spricht Jesus (Joh. 14, 6): „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt anders zum Vater als durch mich.“

 

Weltlich-religionswissenschaftlich betrachtet, erhebt jede Religion den Wahrheitsanspruch, der vielfach als „Absolutheitsanspruch“ diffamiert wird. Das Aufgeben des Wahrheitsanspruches wäre Selbstaufgabe. Auch die so oft als absolut tolerant gepriesenen östlichen Religionen des Hinduismus und Buddhismus halten an ihrem Wahrheitsanspruch unbeirrt fest. Sie integrieren zwar andere religiöse Überzeugungen, aber hinsichtlich ihrer obersten Dogmen vom Karma, von Reinkarnation und Monismus halten sie an ihrem absoluten Wahrheitsanspruch fest.

 

Gegen die Anerkennung anderer Götter, anderer Gottes- vorstellungen und anderer Wege zum Heil und gegen eine geistlich indifferente, unentschiedene Haltung finden wir viele Worte in der Bibel. Gott sagt uns mit dem 1. Gebot: Ich bin der Herr dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Gott sagt von sich, dass er ein eifernder, ein eifersüchtiger Gott ist (2. Mose 20, 5). Wir sind aufgefordert und gemahnt, die Wahrheit und die Liebe zu Gott und unseren Nächsten in Jesus Christus und seinem Wort zu finden und weiterzugeben. Wir werden angehalten, Gott und seinen Geboten treu zu sein, alles in der Welt und an Meinungen zu prüfen, das Gute zu behalten und das Böse zu meiden. Standhaft sollen wir im Glauben bleiben, mit Worten und Taten Jesus Christus bekennen und nachfolgen. Wir hören die Warnung Gottes, dass er die Unentschiedenen, die Lauen, wie widerliches lauwarmes Wasser ausspucken wird (Offb. 3, 16).

 

Wie tolerant hat der Staat gegenüber seinen Bürgern zu sein?

 

Die Grenzen der Toleranz des Staates bestimmen sich nach dem göttlichen Auftrag, den jeder Staat, jede Regierung, hat. Der Staat ist, unabhängig von seiner Staats- und Regierungsform, von Gott als ein äußerer Ordnungs- und Schutzgarant für das Zusammenleben der Menschen gegeben. Deshalb kann er keine Form des Unrechtes, der Kriminalität und Anarchie tolerieren. Die Welt soll nicht im Chaos versinken, die Bosheit soll nicht triumphieren, wie man es bei einem Verfall der Staatsmacht, etwa bei Bürgerkriegen, beobachten kann. Zur Durchsetzung seiner Gesetze sind dem Staat Polizei, Gericht und Militär gegeben (ev-luth. Bekenntnis, Art. 16 CA). Der Staat kann und soll eben nicht nach den Maßstäben der Bergpredigt Jesu mit grenzenloser Liebe, bedingungsloser Vergebung und staatlichem Gewaltverzicht regiert werden. Der Apostel Paulus schreibt (Röm. 13), dass der Staat der Diener Gottes zu deinem Besten sein soll, der das „Schwert“ - die staatliche Gewalt - dazu hat, dass er dich vor der äußerlichen Bosheit schützt und sie straft. Und Christen haben die staatlichen Gesetzen zu befolgen, so lange nicht unmittelbar etwas von ihnen persönlich verlangt wird, was gegen Gottes Gebot verstößt. Dann ist Gott mehr zu gehorchen (Apg. 4,19).

 

In dem Auftrag des Staates zur Verantwortung für das äußere Leben seiner Bürger liegt aber auch eine Begrenzung. Der Staat hat nämlich keinen Auftrag, das innere, das religiöse Denken und den Glauben seiner Bürger vorzugeben (= Religionsfreiheit). Er darf der Religionsausübung nur Grenzen setzen, wenn diese nach staatlicher Macht strebt oder unverhältnismäßige Sonder- rechte beansprucht, wie z.B. der fundamentale Islam. Sachen des Glaubens obliegen der Kirche und den Religions-gemeinschaften und der Staat hat religiös tolerant zu sein, hat Religionsfreiheit als ein Menschenrecht zu gewähren.

 

Zur staatlichen Toleranz gegenüber den Kirchen (= Religions-freiheit) gehört auch die Freiheit, andere Religionen, Welt- und Werteanschauungen kritisieren zu dürfen. Der Staat hat kein Recht, den Kirchen und ihren Amtsträgern in dieser Hinsicht eine geistig-inhaltliche Toleranz und ein Schweigen abzufordern, wie es etwa der Große Kurfürst 1666 mit seinem sogenannten Toleranzedikt von Paul Gerhardt verlangt hat.

 

Im Gegensatz zur Religionsfreiheit beanspruchen auch heute islamische Staaten, dass ihnen auch die religiöse Herrschaft über ihre Bürger zustehe. Wie auch alle säkular-ideologisch regierten Staaten nicht nur die äußere Herrschaft, sondern auch eine Herrschaft über Herz und Seele, über Denken und Glauben ihrer Bürger beanspruchen und erzwingen wollen (Zeit des National-sozialismus und Kommunismus). Dieser Totalitarismus aber ist Grenzüberschreitung des staatlichen Auftrags. Der totalitäre Staat ist antichristlicher Staat, ist die „Hure Babylon“ nach der Offenbarung des Johannes.

 

Leider gibt es auch in der heutigen westliche Gesellschaft entsprechend bedenkliche Entwicklungen. So, wenn von den Bürgern nicht nur die selbstverständliche formal-äußere Toleranz (= Gewaltverzicht) verlangt wird, sondern zugleich auch eine inhaltlich moralisch anerkennende Toleranz gegenüber dem Islam, der Abtreibung, Promiskulität, Homosexualität und Gender Mainstreaming (Hinweis auf die Plakate des Bundesgesundheits-ministeriums). Besonders über „Political Correctness“ werden „neue Werte“ statuiert, die sich beginnen zu einer säkularen intoleranten „Zivilreligion“ (= Staatsideologie) auszuwachsen. Kritik an dieser neuen Welt- und Werteanschauung wird öffentlich diffamiert, weil sie die Belange des uferlosen Pluralismus und Liberalismus und der überzogenen Antidiskriminierung stört.

 

Der Staat aber hat sich auf seine Verantwortlichkeit für den äußeren Schutz und das äußere Wohl des Volkes zu beschränken. Darüber ist nach den Maßstäben der nüchternen Vernunft zu befinden. Was nun jeweils für das Volk das Beste ist, darüber kann es aber auch unter christlichen Politikern und christlichen Staatsbürgern sehr unterschiedliche Meinungen und Wertungen geben. In diesem Kontext ist auch die Problematik des Flüchtlingszustroms zu sehen. Der Staat hat aus seiner Gesamtverantwortung das Recht, Einreisen und Einwanderung zu begrenzen, Abschiebungen vorzunehmen, Sozialleistungen einzuschränken usw., wie er auch umgekehrt das Recht hat, dieses alles sehr großzügig zu handhaben.

 

Als Christ darf ich zwar die Politik, und auch die Flüchtlings- und Integrationspolitik, in der einen oder anderen Richtung kritisieren, aber ich darf die bestehenden Gesetze in keiner Richtung missachten. Ich habe mich an die bestehenden Gesetze und Entscheidungen der Regierung zu halten. Weder darf ich Flüchtlinge am Gesetz vorbei zu Einreise und Aufenthalt verhelfen, noch darf ich umgekehrt Flüchtlingen Steine in den Weg legen oder gar gewaltsam-kriminell werden. Als christlicher Staatsbürger kann ich aus gesamtstaatlicher Verantwortung durchaus für eine Begrenzung der Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten, für Verweigerung der Einreise und Abschiebungen, unter Wahrung der Humanität, eintreten. Während ich aber gleichzeitig dem einzelnen Flüchtling, der mir begegnet, freundlich und hilfsbereit gegenüberzutreten habe. Als Christ lebt man eben zum einen in der Gemeinschaft des Glaubens, in der die grenzenlose Nächstenliebe regieren soll, und zugleich im Bereich des Staates, der vernunftgemäß rational handeln muss (Zwei-Reiche-Lehre, siehe PDF-Doc unten). Und dem ich nach Gottes Gebot zur Loyalität verpflichtet bin. Diesen Spannungsbogen gilt es auszuhalten, ohne nach der einen oder anderen Seite emotional abzurutschen. Wir sollen die sachliche und emotionsfreie Auseinandersetzung suchen und fördern und uns hüten, in die Falle der Unterstellungen, der Verleumdungen und des Hasses zu laufen!

 

Detlef Löhde, 13. April 2016

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