Jahwe oder Jehova ?

Die hebräischen Texte des Alten Testaments sind alle ohne Vokale (a,e,i,o,u) geschrieben. Welche Vokale zu dem jeweils geschriebenen Wort gehören wusste natürlich der hebräische Leser und beim Vorlesen sprach er sie selbstverständlich mit. Aber aus Ehrfurcht sprach man den Gottesnamen JHWH nicht aus. Nur der Hohepriester durfte ihn am Feiertag Jom Kippur im Tempel vor der Bundeslade im Gebet für das Volk und regelmäßig beim Tempelsegen über das Volk den Namen Gottes aussprechen. Bei alttestamentlichen Lesungen, Gebeten und Predigten wurde JHWH ersetzt durch „Adonaj“. „Adon“ meint allgemein einen menschlichen „Herrscher - Herrn“. Sofern das Wort als Ersatz für JHWH verwendet wurde, hängte man ein „aj“ an, versteht es als „mein Herr“ und spricht „Adonaj“. Das Wort „Adonaj“ ist ausschließlich für JHWH, dem Gott Israels, vorbehalten.

Seit mehr als zweitausend Jahren wurde also der Gottesname JHWH von den Juden nicht mehr ausgesprochen, sondern insbesondere durch Adonaj umschrieben, ja ersetzt. Mitunter wird JHWH auch in andere Weise umschrieben, mit „der Name“ (Ha-schem) oder mit Gott (Elohim). Das hat dazu geführt, das heute keiner mehr absolut sicher weiß, wie er ursprünglich ausgesprochen wurde. Nach heutiger herrschenden Meinung wurde der Gottesname JaHWeH gesprochen. Das begründet sich mit der Ableitung von „hajah“ bzw. „hawah (siehe oben), aber auch aus außerbiblischen Texten. In den Papyrusfunden von Elephantine (Ägypten), die aus dem Ende der alttestamentlichen Zeit (4. Jh. v.Chr.) stammen, wird der Name Gottes JHW geschrieben, was auf die Aussprache Jahu hinweist. In den griechischen Texten der Funde von Qumran (2.–1. Jh. v.Chr.) wird der Name Gottes JAO geschrieben.– Die frühen christlichen Kirchenväter übertrugen ihn in der samaritischen Schreibweise Jaoue oder Jabe ins Griechische.

Vom Mittelalter bis in die Neuzeit meinte man allerdings, der Gottesname würde JeHoWaH ausgesprochen. Als im Mittelalter des 8.-10. Jahrhunderts jüdische Gelehrte („Masoreten“) die gesamte hebräische Heilige Schrift (Altes Testament) durch Punktzeichen mit Vokalen versahen, setzten sie bei JHWH die Vokale von dem ersatzweise zu sprechendem Adonaj ein. Es sollte den Vorleser erinnern, dass bei JHWH ersatzweise Adonaj zu sprechen sei. Dadurch kam es zu dem Missverständnis, der wahre Gottesname wäre JeHoWaH = Jehova. (Für das erste a von Adonaj ist ein e als abgeleiteter „Mittelvokal“ von a eingesetzt und das nicht zu sprechende „ruhende H“ am Wortende wird weggelassen). Unter Papst Leo X (1513 – 1523) hat die Römische Kirche erstmals diesen künstlichen Gottesnamen Jehova übernommen. Man dachte, die Juden hätten die Aussprache Jehova durchgehend bewahrt und tradiert. Auch von evangelischer Seite wurde dann der Kunstname Jehova benutzt. In alten evangelischen Kirchenlieder wird gesungen: „Dir, dir Jehova, will ich singen, denn wo ist ein Gott wie du?“ (B. Crasselius, 1667 – 1724).

Wenige vertreten auch noch heute die Auffassung, der Gottesname des Alten Testaments sei „Jehova“ zu sprechen. Auch andere als die „Zeugen Jehovas“ treten neuerdings dafür wieder ein. Einzuräumen ist, dass nicht mit absoluter Sicherheit die Aussprache geklärt werden kann, aber eine äußerst hohe Wahrscheinlichkeit spricht für „Jahwe“. Gesichert ist allerdings, dass nach Selbstaussage der Heiligen Schrift sich der Gottesname JHWH vom Verb „haja“ = „sein“ ableitet - in der ersten Person „Ich bin“ und in der dritten Person „Er ist“.* Von dem Verb „haja“ = „Sein“ wird der Inhalt und die Botschaft des Namens Gottes bestimmt.

*Den Israeliten sollte Mose den Gottesnamen in der dritten Person bekannt machen, hebr. jihjeh ascher jihjeh, also: „Jihjeh … hat mich zu euch gesandt.“ Das würde eigentlich zu den Konsonaten JHJH führen, aber nach alter Schreib- und Sprechweise tritt „ja“ anstelle von „ji“ und „weh“ anstelle von „jeh“ somit JHWH = Jahwe.