Bist Du wiedergeboren?

Bist Du wiedergeboren, bist Du ein wiedergeborener Christ“, so wird man mitunter in evangelikalen Kreisen und Gemeinschaften gefragt. Dahinter steht die Frage: Glaubst du wirklich an Jesus Christus als an deinen Retter und Erlöser? Oder verstehst du dich als Christ auch ohne diesen Glauben, eben weil du getauft bist und zur Institution der Amtskirche gehörst?

 

Diese Frage und Mahnung ist nicht unberechtigt, denn zuerst und vor allem kommt es auf den Glauben an Jesus Christus an. Mit einer nur formalen Mitgliedschaft in einer Kirche wird man nicht selig. Jesus Christus sagt es im Zusammenhang mit seinem Taufbefehl sehr deutlich (Mk. 16, 16): „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“ Im Zusammenhang mit der Taufe befiehlt der Herr weiter (Mt. 28, 20): „Lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe.“ Durch das gehörte Wort Jesu Christi wird uns der Glaube an ihn geschenkt, erhalten und gestärkt (Röm. 10, 17).

 

Leider ist es aber Tatsache, dass sich viele einmal Getaufte von dem Hören des Wortes Christi, von der Verkündigung des Glaubens und dem Bekennen zu Jesus Christus und dem Gottesdienst abgewendet haben. Daraus ziehen evangelikale Kreise die Schlussfolgerung, dass es nicht auf die Taufe ankomme, sondern darauf, dass der Mensch eine bewusste Glaubensentscheidung zu treffen habe und er erst dadurch wiedergeboren werden müsse.

 

Ja, um Christ zu werden, muss der Mensch wieder-geboren werden, aber auf andere Weise als durch eine bewusste Glaubensentscheidung. Hören wir, was uns der Herr über das „Wiedergeboren-werden“ sagt. Der fromme Pharisäer Nikodemos fragt Jesus, was er tun müsse, um ins Reich Gottes, ins ewige Leben zu kommen (Joh. 3). Jesus antwortet ihm, dass er von neuem geboren werden müsse. Nikodemus fragt, wie soll das gehen, ich kann doch nicht zurück in meiner Mutter Leib. Und Jesus antwortet, dass er neu geboren werden müsse aus Wasser und Geist, nur so kann er ins Reich Gottes kommen. Neu geboren werden aus Wasser und Geist, damit meint Jesus die Taufe, die er später als der Auferstandene einsetzt und gebietet (Mt. 28, 19; Mk. 16, 16). Mit anderen Worten sagt Jesus zu Nikodemus, du musst dich taufen lassen, wie ich es nach meiner Auferstehung gebieten werde.

 

Der Apostel Paulus schreibt von der Taufe (Tit. 3,4 ff.):   „Er macht uns selig – nicht um die Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit – durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus unseren Heiland, damit wir durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unserer Hoffnung. Das ist gewisslich wahr.“

Also nicht aufgrund einer bewussten Glaubens-entscheidung, sondern allein durch die Gnade und Barmherzigkeit, die uns in der Taufe geschenkt wird, werden wir selig. An die Epheser schreibt Paulus (Eph. 5, 26): „Er hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort.“

 

Durch Wasser und Geist, durch die Taufe, wird der Mensch (geistlich) wiedergeboren. Und der Wieder-geborene muss weiter mit geistlicher Milch ernährt werden (1. Petr. 2, 2), muss das Wort Christi hören und darin unterrichtet werden, wie es Jesus im Taufbefehl gebietet. Deshalb können auch nur Kinder von christlichen Eltern getauft werden, die versprechen, das Kind im Glauben zu lehren und zu erziehen.

 

Was ist nun aber mit denen, die dennoch nicht im Glauben erzogen werden oder sich später vom Glauben entfernen? Ihre Wiedergeburt durch die Taufe hat Bestand, aber sie nützt nur, wenn ihre Verheißung des ewigen Lebens durch Jesus Christus geglaubt wird. Das heißt, ein Getaufter, der nicht glaubt, muss mit dem Wort Christi zurück unter die Verheißung der Taufe, zurück zu Christus, zurück zum Glauben gerufen werden (Ruf zur Buße = zur Umkehr). Hört er auf den Ruf, dann ist das eine geistliche Erweckung aus einem Schlaf, der ohne die Erweckung in den ewigen Tod geführt hätte. Deshalb, wenn größere Kreise im Volk sich wieder dem Glauben an Christus zuwenden, spricht man von einer „Erweckungs-bewegung“.

 

Solche Erweckungen werden von Evangelikalen fälschlich als Wiedergeburt bezeichnet. Sie bestreiten, dass der Mensch durch die Taufe wiedergeboren wird. Damit entwerten sie die vom Herrn gebotene Taufe, als habe sich mit und bei der Taufe nichts besonderes ereignet. Obwohl doch die Apostel viel von der Errettung durch die Taufe und von den Gaben der Taufe sprechen (Apg. 2, 38; Apg. 22, 16; Gal. 3, 26.27; Röm. 6, 3; 1.Kor. 1, 17; 1.Kor. 12, 13).

 

Die Taufe ist ein einmaliger Gnadenakt Gottes am Menschen, den er rein passiv empfängt (allein aus Gnaden). Zugleich ist sie ein objektives unveränderbares Geschehen im Leben des Menschen. Das Geschehen der Taufe an mir kann nicht in Zweifel gezogen werden. In geistlicher Anfechtung hat sich Luther mit Kreide auf den Tisch geschrieben: „Ich bin getauft.“ Und diese Taufe hat nach Gottes Wort eine hohe Verheißung und Zusage. Gott ist treu, er nimmt seine Zusage nicht zurück, nur der Mensch ist untreu und entfernt sich. Aber der Getaufte darf immer wieder zurückkehren, wie der verlorene Sohn (Lk. 15, 11 ff.). Dieses Zurück-kehren dürfen, das ist eines der Versprechen Gottes aus der Taufe.

 

Dagegen ist eine Glaubensentscheidung ein subjektiver zeitlicher Moment im Menschen, der in Frage und in Zweifel seiner Echtheit und Endgültigkeit gestellt werden kann. Waren der Glaube und die Entscheidung tatsächlich echt, tiefgehend und endgültig, um vor Gott bestehen zu können und ein Leben lang zu halten?

 

Wäre von einer Glaubensentscheidung mein Heil abhängig, dann würde ja mein Heil auf meiner Aktivität und meinem Werk beruhen! Aber nicht wir haben den Herrn erwählt, sondern er uns (Joh. 15, 16). Und wir werden nicht gerecht durch unsere Glaubens-entscheidung, die unser Werk ist. Der Apostel Paulus schreibt (Röm. 3, 23): „Sie (wir) werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist.“

 

Die richtige Antwort auf die eingangs gestellte Frage ist also: Ja, ich bin wiedergeboren, nämlich bei und mit meiner Taufe und ich lebe unter ihrer Verheißung im Glauben an Jesus Christus, der mich durch seinen Kreuzestod erlöst hat zum ewigen Leben.

 

Und wenn ich einmal abgekommen bin, dann habe ich mich immer wieder zurückrufen lassen. Eigentlich komme ich täglich vom Weg des Glaubens ab und muss mich immer wieder vom Heiligen Geist zurückrufen lassen, wie auch der Apostel Paulus bekennt (Röm. 7, 14-25).

 

Luther schreibt im Kleinen Katechismus: „Dass der alte Adam (der sündige Mensch) in uns durch tägliche Reue und Buße soll ersäuft werden und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten und wiederum täglich heraus-kommen und auferstehen ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinigkeit vor Gott ewiglich lebe.“

 

Der Christ ist „simul iustus et peccator“ - er ist ein durch Jesus Christus Erlöster, zugleich aber immer auch noch ein Sünder, der der Vergebung bedarf. Als Christen leben wir als Erlöste unter der Vergebung Jesu Christi.

 

D. Löhde

 

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