Jesus im Talmud

 

Peter Schäfer, ein als weltweit anerkannter Judaist mit Lehrstühlen an der Freien Universität Berlin und der Universität Princeton, beraten noch von dem evangelischen Theologen Martin Hengel (1926 – 2009), Experte für Neues Testament und Antikes Judentum, hat eine wissenschaftliche Auswertung veröffentlicht mit dem Titel „Jesus im Talmud“, Verlag Mohr Siebeck Tübingen, 1. Aufl. 2007, 2.Aufl. 2010.

 

Schäfer schreibt einleitend zur Darstellung Jesu im Talmud (S. 18, 19), „dass es sich hier um polemische Gegenerzählungen handelt, die die neutestamentlichen Geschichten parodieren, ganz besonders die Geschichte von Jesu Geburt und Tod. Sie machen sich über die Jungfrauengeburt lustig, wie sie im Matthäus – und Lukasevangelium berichtet wird, und sie weisen den Anspruch, dass Jesus der Messias und Gottes Sohn sei, leidenschaftlich zurück. Besonders bemerkenswert ist die Reaktion auf die Leidensgeschichte im Neuen Testament mit ihrer Botschaft von der Schuld und Schande der Juden als Mörder Christi. Sie stellen sie komplett auf den Kopf: Ja, behaupten sie, wir übernehmen die Verantwortung, aber es gibt keinen Grund, sich deswegen zu schämen, denn wir haben einen Gotteslästerer und Götzendiener rechtmäßig verurteilt. Jesus hat den Tod verdient, und er hat bekommen, was er verdient hat. Entsprechend untergraben sie die christliche Idee von der Auferstehung Jesu, in dem sie Jesus auf ewig in der Hölle büßen lassen und klarstellen, dass dieses Schicksal auch alle seine Anhänger erwartet, die an diesen Betrüger glauben.“

 

Und weiter auf Seiten 21, 22: „Nach ihrer Meinung ist Jesus nicht, wie seine Anhänger behaupten, von einer Jungfrau geboren, sondern unehelich, als Sohn einer Hure und deren Liebhaber und kann deswegen nicht der Messias aus dem Hause David sein und schon gar nicht der Sohn Gottes... Dasselbe gilt für die Geschichte von Jesus, dem frivolen Schüler. Nicht nur gibt er sich lüsternen sexuellen Gedanken hin, sondern wird, als sein Rabbi ihn dafür rügt, ein Apostat und gründet einen neuen Kult.“

 

In der Zusammenfassung, S. 227, heißt es: „Was der Talmud allerdings erzählt, offenbart einen kaum weniger boshaften Sinn für Humor: Jesus ist auf ewig dazu verdammt, in der Hölle in den Exkrementen seiner Anhänger zu sitzen, die daran glauben, dass sie durch den Genuss seines Fleisches und Blutes das ewige Leben erwerben.“

 

Schon Prof. theol. Franz Delitzsch (1813 – 1890) hat als Freund des jüdischen Volkes und Gründer des „Evangelisch-lutherischen Centralvereins für Mission unter Israel“ mit seiner Schrift „Ernste Fragen an die Gebildeten jüdischer Religion“ appelliert, sich von den geschmacklosen gehässigen und verleumderischen Passagen des Talmud über Jesus zu distanzieren.

 

Am Rande sei erwähnt, dass die talmudische Darstellung Jesu in negativer Weise weiter ausgeführt wurden in dem im frühen Mittelalter in Westeuropa von Juden verfassten berüchtigten polemischen Traktat „Teledot Jeschu“ (Geschichte Jesu). Doch kann man das als zeitbedingtes und damit überholtes Traktat abtun, während der Talmud mehr oder weniger dogmatisiert ist und von daher mit seinen Aussagen bis heute Bedeutung hat.